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Auflösung

Eine Annäherung in Bildern

Am 20. Februar 2017, vier Jahre und vier Monate nach dem Tod unseres Sohnes Albert, dachte ich über seinen Körper unter der Erde nach. Wie sehr mochte er sich schon aufgelöst haben, in seiner Umgebung versunken sein? Mit diesen Gedanken machte ich eine erste Zeichnung. Während ich an weiteren Bildern arbeitete, bewegte ich innerlich den Begriff Auflösung: Auflösung von anderen Flüssigkeiten in Wasser, im Meer — von Gasen in Luft — von Wolken am Himmel — durch eine Explosion — bei organischen Prozessen, wie Verwelken von Pflanzen, Verderben von Lebensmitteln — einer Menschenmenge — als Ende einer Beziehung — als Vergessen — als Verwandlung oder Verschwinden. Und immer wieder kehrte ich zu Albert zurück...

Wie kann man Auflösung darstellen? Manchmal habe ich etwas Ganzes in seine Teile zerlegt oder eine Verdichtung aufgelöst. Manchmal habe ich versucht, den Übergang zur Auflösung festzuhalten oder sogar den Endzustand, in dem das Aufgelöste nicht mehr sichtbar ist.

Vom 20. Februar bis 7. April 2017 entstanden 39 Feinstrich-Pen Zeichnungen, jeweils 14,8 x 21 cm groß.

Etwas von Albert

Momentaufnahmen 2015

der Fahrtwind, der in die Augen bläst — die Treppe hinunter eilend — auf der Eingangstreppe sitzend — Katzen streichelnd — mit Ohrenschmerzen — mit Feuer spielen — ein Buch lesend — Gitarre spielend — den Kopf schief halten — Erschrecken spielend, die Hände vors Gesicht — am Computer hängend — auf Bäumen stehend — aus 2 Gläsern trinkend — zur S-Bahn eilend — den Geburtstagskuchen bringen — ein Kakteenblatt mitbringen — den Wind prüfend — sich um sich selbst drehend — eine Wutritze machen — Knallerbsen werfend — einfach mal abheben — an die Backe trommeln — zur Bestätigung mehrfach nicken — auf einem Bein stehen — Kräuter hacken — liebevoll modellierte Gitarrenklänge.— „wish you were here“ hörend — mit winzigen Buchstaben schreibend — immer mittendrin — sich um alles kümmernd — die Augenbrauen hochziehen — zur Gitarrenstunde rasend — vieles gleichzeitig machen — Gitarrenhände pflegen — sammeln — ein besonderer Mensch sein — sich nicht verbiegen lassen — Schwierigkeiten nicht aus dem Weg gehend — always flying

Aus Anlass von Alberts 30. Geburtstag am 16. September wollte ich „Etwas von Albert“ zeigen, eine Bewegung, einen Ausdruck — ich wollte mich liebevoll an ihn erinnern, etwas für ihn Typisches in mir wachrufen. Dabei wurde ich zu meiner eigenen Überraschung, sehr konkret, kam sehr schnell von einer ganz abstrakten Umsetzung der gewählten Erinnerung zu einem figürlichen Ergebnis. Dieses ist nicht porträthaft, da jeder Versuch, Albert naturalistisch zu zeichnen, eine schmerzhafte Enttäuschung für mich wäre.

Die Serie besteht aus 39 Feinstrich-Pen Zeichnungen, jeweils 13,5 x 20,5 cm, entstanden vom 1. bis 30. September 2015.

Albert – Ich habe dich bei deinem Namen gerufen

Albert-Bilder oder Auseinandersetzung mit dem Unfassbaren

Am 20. Oktober 2012 starb unser ältester Sohn Albert plötzlich und unerwartet fünf Wochen nach seinem 27. Geburtstag. Einige Monate nach diesem Schicksalsschlag begann ich mich künstlerisch mit der Bearbeitung dieses unsagbaren Verlustes und Schmerzes auseinanderzusetzen. Ich fing eine Zeichnung in einer ähnlichen Technik an, wie ich sie vor Alberts Tod angewandt hatte, kam aber in meiner veränderten Situation damit nicht zurecht und musste eine neue Ausdrucksweise finden. Es war einfach in jeder Beziehung ganz unmöglich, so weiterzuleben wie zuvor. Da ich den ganzen Tag seinen Namen immer wieder innerlich oder leise zu mir sagte, entschied ich mich dafür, Zeichnungen mit dem Schriftzug „ALBERT“ als Gestaltungselement zu machen.

Anfangs dachte ich daran, seinen Namen so oft zu überschreiben, dass er für die Betrachter unlesbar sein sollte und nur mir selbst bewusst. Diese meditative Möglichkeit - lauter ähnliche schwarze Bilder herzustellen - verwarf ich schon nach dem ersten Bild und setzte ab da den Schriftzug „ALBERT“ für alle sichtbar ein. Ich wollte etwas Vielfältiges gestalten und entwickelte Regeln, damit die Arbeiten unterschiedlich wurden, damit sie - jede für sich - einen ästhetischen Anspruch entwickeln konnten.

Auch kam es mir darauf an, etwas Anstrengendes zu machen, das mich viele Stunden Konzentration kosten würde. Da das Papier auf dem Tisch lag und ich mit Feinstrich-Pen zeichnete, der eine gewisse Zeit zum Trocknen braucht, arbeitete ich in über diesen Tisch gebeugter Haltung, immer darauf achtend, dass meine Hände und Arme die Schrift nicht verwischten. Und jedes Mal, wenn ich das Wort „ALBERT“ auf das Blatt schrieb, flüsterte ich „mein Albert“ oder „Albert“ oder sagte es wenigstens innerlich mindestens einmal beim Aufzeichnen jedes Schriftzugs zu mir. Während dieses Prozesses kam mir irgendwann das Bibelzitat aus dem Alten Testament in den Sinn: „Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein“ (Jesaia 43,1) - und ich beschloss, der Serie den Titel „Albert - Ich habe dich bei deinem Namen gerufen“ zu geben. Denn ich wollte meinen Sohn mit meiner Liebe umhüllen, ihn beschützen und begleiten, da wo er jetzt ist, soweit mir das als Mensch überhaupt möglich ist.

Die entstandenen Bilder wirken aus der Entfernung wie gewöhnliche Strichzeichnungen. Aus der Nähe betrachtet, kann man die Buchstaben lesen, je nach den Regeln, die ich für das jeweilige Bild vor Beginn des Zeichnens aufstellte. Diese Regeln beziehen sich auf die Größe, auf die Anordnung oder Richtung und auf die Möglichkeit der Durchdringung der einzelnen „ALBERTS“. Die Bilder können an Steine, Geflechte, Wellen, Wolken, gewebte Teppiche, Netze, Landkarten oder den Sternenhimmel erinnern.

Die Serie besteht aus sechzehn 65 x 50 cm großen Feinstrich-Pen Zeichnungen auf Karton, entstanden vom 21. März bis zum 28. November 2013. Das Bild „Der Übergang“, begonnen im Januar 2013, endgültig fertiggestellt am 6. Mai 2013, ist für mich ein Übergang von meinen früheren Arbeiten der Camp Serie zu der jetzigen Serie - von meinem Leben davor zu meinem durch Alberts Tod völlig veränderten Leben.

Musikbilder

Bilder aus den Jahren 2000 - 2005

Beim Malen und Zeichnen höre ich meistens Musik, und so ist es ganz natürlich, dass diese sich im Lauf der Zeit in meine Bilder und Zeichnungen eingeschlichen hat. Dabei ist die Musik von einer anfänglichen Geräuschkulisse zu einem wichtigen Impuls für meine gestalterische Arbeit geworden.

Bei diesen zu Musik entstandenen Bildern geht es mir darum, die im Moment vorhandene Stimmung auszudrücken. Ich arbeite nicht nach Themen (Landschaft, Abstrakt, Figürliches etc.) auch nicht nach vorher festgelegten Gestaltungskriterien. Trotzdem können Landschaften, Personen, Erkennbares in meinen Arbeiten vorkommen. Gestaltungsmittel verwende ich spontan beim Entstehungsprozess. Die verwendeten Techniken Aquarell, Zeichnung, Mischtechnik erlauben ein schnelles Reagieren. Die Bilder werden in kurzer Zeit gemacht. Wenn sie meinen Erwartungen nicht entsprechen, werden sie eigentlich nie überarbeitet. Sie können nicht mehr korrigiert werden.

Diese Bilder sind für mich Ausdruck von empfundener Gegenwart. Viele davon entstehen zu Musik von Patti Smith ...

Patti Smith Bilder

Bilder aus den Jahren 2000 - 2004

Unter meinen Musikbildern nehmen die zu Musik von Patti Smith entstandenen einen besonders großen Raum ein.